Hochzeit Nummer 1:
Vom geschlachteten Pferd, Jungfernblut und dem weissen Kopftuch.
Kirgisische Hochzeiten gehen über mehrere Tage. Hier hängt es natürlich stark davon ab, ob die Braut geraubt wurde, ob es eine arrangierte Ehe ist oder freiwillig geschieht.
Die erste kirgisische Hochzeit, die wir besuchen durften, war eigentlich schon passiert. Die Braut wurde am Vortag ins Elternhaus des Mannes gebracht hat bereits die erste Nacht dort verbracht. In dieser Nacht wurde sie entjungfert und nun steht das Brautpaar hinter einem Vorhang, damit das ganze Dorf sie besichtigen kann.
Wir erkannten das Haus an der lauten Musik und den Luftballons. Es ist wichtig, dass jeder weiss, dass hier eine Hochzeit stattfindet. Wir konnten aber noch nicht eintreten, denn wir mussten erst auf dem Markt Geschenke kaufen: Süssigkeiten, einen traditionellen kirgisischen Hut für ihn und ein weisses Kopftuch für sie. Ich wurde nervös, als ich erfahren habe, dass ich ihr ein weisses Tuch umbinden muss, schliesslich wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob die Ehe freiwillig stattgefunden hat.
Als wir die Wohnung betraten, ging erst einmal unser Kamerakabel kaputt. Um uns darum zu kümmern, blieb jedoch in der Hektik keine Zeit. Zum Glück konnten wir improvisieren. An allen Ecken wurde an uns gezerrt, es wurde laut durcheinandergeredet und ich wurde stolz ins Zimmer der Braut geschoben. Mein Einsatz begann und gelang.
Wie üblich sassen wir danach am üppig gedeckten Tisch und futterten einmal mehr Brot und Marmelade und wärmten uns mit dem heissem Tee, den die Braut demütig servierte. Ich fühlte mich besser, denn sie schien mir nicht unglücklich zu sein. Kurz darauf kam eine Frau, traditionell eine Verwandte des Bräutigams, und zeigte uns ein Stück Stoff mit verwaschenem Blut. Wir konnten sehen, dass sie noch Jungfrau war. Ich versuchte das Stück Brot in meinem Mund runter zu schlucken. Was passiert wäre, wenn sie keine Jungfrau mehr gewesen wäre, wollten wir wissen. „Dann hätten wir sie auf einem Esel aus dem Dorf gejagt.“, erklärte man uns lachend. Ich sah die Braut an, konnte aber nicht deuten, ob sie sich so beschämt fühlte, wie sie aussah.
Noch bevor Ruhe einkehrte ging die Hektik wieder los. „Ihr dürft dabei sein, wenn das Pferd geschlachtet wird!“, verkündete man uns voller stolz. „Oh fuck.“, dachte ich, sagte aber nichts und lächelte dankbar. Schlachtungen von Tieren beizuwohnen stand nicht wirklich weit oben auf meiner Liste von Dingen, die ich in meinem Leben einmal gemacht haben muss. Alle Menschen versammelten sich im Innenhof und segneten ein Pferd und eine Kuh. Danach banden die Männer dem Pferd die Beine zusammen, bis es zu Boden viel. Ich sah noch einen Mann mit einer Blechwanne an mir vorbeirennen, die das Blut auffangen wird und konnte mich zum Glück ein wenig zurückziehen, während die beiden unerschrockenen Kamera-Frauen, die mich begleiteten, Nadine und Cosima weiter voll drauf hielten. (Diesen Anblick erspare ich euch aber!)