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Zwei intensive Drehwochen und zwei Monate Vorbereitungszeit in der Schweiz und Kirgistan liegen hinter uns. Insgesamt haben wir drei Jahre auf diesen Dreh hingearbeitet. Wir schwelgen noch immer in den Emotionen dieses Erlebnisses, welches unsere Produzentin Nadine als ihren bisher schönsten Dreh bezeichnete. Nicht, weil er einfach und reibungslos war. Sondern weil die Crew diese schwierige Aufgabe so meisterlich und mit enorm grossen Teamgeist und Power gerockt hat.
Aller Anfang ist holprig
Bei jedem Dreh ist die erste Woche davon geprägt, sich gegenseitig einzuspielen und den produktionseigenen „Groove“ zu finden. In unserem Fall hiess das: Völkerverständigung. Wir lernten das kirgisische Filmschaffen kennen und die Kirgisen lernten das Schweizer Filmschaffen kennen.
Wir mussten Zeit für die Übersetzungen einberechnen; uns über Pünktlichkeit und deren Notwendigkeit austauschen; den Schauspielern erklären, dass sie den Text wirklich auswendig kennen müssen und nicht frei interpretieren können, damit das Drehbuch auch so funktioniert, wie Maria sich das über Jahre hinweg überlegt hat. Wir mussten bei den Kostümen improvisieren, bis die abgemachten Kleider am Set waren oder kurzerhand den Kostümplan auf das umstellen, was eben gerade vorhanden war. Sämtliche Checks zwischen den Departments machten wir lieber doppelt, damit bei Übersetzungen und Aufgabenverteilungen keine wichtigen Informationen verloren gingen, denn wir lernten auch, dass die Kommunikation in Kirgistan nur über Whats App Gruppen funktioniert.
Schweiz-Kirgisische Freundschaften
Gerade für die Frauen der Schweizer Crew war es anfangs irritierend, dass nur die Männer mit Handschlag begrüsst wurden und die Frauen höchstens ein Kopfnicken bekamen. Und für die Kirgisen war es irritierend, dass unsere Oberbeleuchterin Fafa gleich drei Männer unter sich hatte und unsere Regieassistentin Cosi laut den Ton angegeben hat. Das hat sich aber schnell geändert. Am Ende lagen sich alle in den Armen. Traditionen, Geschlecht und Herkunft spielen keine Rolle mehr, wenn man zu einem Team zusammenwächst.
Eine besondere Freude machten uns die Fahrer der Crew-Busse, die offensichtlich auf Youtube nach Schweizer Musik suchten und uns plötzlich mit einem laut schallenden Mani Matter Song nach einem strengen Drehtag vom Set abholten.
Aus finanziellen Gründen war unsere Crew für diese Produktion natürlich auf ein Minimum beschränkt. Das heisst aber auch, dass alle Teammitglieder weit mehr leisteten, als dies auf grösseren Sets der Fall ist. Nur weil alle so sehr als Team kooperiert haben, funktionierte das einwandfrei. Wurde der Ton am Set stressbedingt auch mal etwas härter, so war am Ende des Tages die Stimmung trotzdem von Toleranz geprägt mit gemeinsamem Lachen, netten und heiteren Worten und vielen spannenden Fotos im Whatsapp-Chat.
Auch Stromausfälle haben uns nichts an
Unvorbereitetes gab es etliches wie im Blogeintrag zur Vorproduktion schon erzählt wurde. Während den Dreharbeiten wurden wir davon auch nicht verschont und mussten immer wieder à la Kyrgyz improvisieren. Zum Beispiel wenn das Catering sich wegen eines Stromausfalls zwei Stunden verspätet. Da wurde nicht nur der Drehplan umgestellt, da haben sich dann auch mal die Mägen gemeldet 🙂 . Oder wenn die Hauptdarstellerin nicht wie angekündigt reiten kann, sondern sogar Angst vor Pferden hat. Schnell musste ein Double an ihre Stelle treten. Im Nachhinein erinnern wir uns zum Glück lachend über solche Episoden.
Unabhängig von diesen manchmal sehr nervenaufreibenden Situationen hat unsere Regisseurin Maria mit ihrer positiven und ruhigen Art alle stets mit sehr viel Respekt behandelt und damit dafür gesorgt, dass dies auf dem Set Standard war.
Lost in Translation
Das waren wir oft. Da die wenigsten Kirgisen englisch können, waren unsere Übersetzerinnen im Dauereinsatz und mit Google Translate kam es oftmals zu lustigen Missverständnissen. So bekamen wir „Buchweizenbrei mit Karotten und Röstzwiebeln verlötet“ zum Frühstück, lernten, dass „Bier ohne Wodka verschwendete Geld“ ist und bezeichneten auf der russischen Übersetzung der Dispo die Licht-Jungs als „leicht zu habende Jungs“.
Ein bisschen irritiert war Maria, als eine Schauspielerin sie nach jedem Take fragte, ob es „normal“ war. „Na ja normal, was ist schon normal? Nein, normal war es eigentlich nicht.“. Das Gelächter war gross, als sich aufgeklärt hat, dass „normal“ auf russisch „gut“ heisst und Maria die Frage der Schauspielerin, ob der Take gut war, jeweils mit einem „na ja eher nicht.“ beantwortete.
Mehr als nur normal
Mehr als nur „normal“ – sprich sehr gut – war vieles während diesen Dreharbeiten.
- Da waren die Schauspieler, welche alle sehr gut gecastet waren und einen wunderbaren Job gemacht haben. Besonders erwähnenswert ist unsere Hauptdarstellerin Alina (als Sezim). Sie ist in unseren Augen eine Entdeckung und wir sind wirklich glücklich, sie für unseren Film gefunden zu haben.
- Da waren die Szenen auf den öffentlichen Plätzen. In Kirgistan braucht man (angeblich) keine Drehbewilligung. Das ist zwar eine bürokratische und finanzielle Erleichterung, aber auch eine Unsicherheit, denn was ist, wenn sich jemand an den Dreharbeiten stört? Doch es funktionierte und die meisten Passanten hatten sogar Freude am Zuschauen.
- Da waren die Statisten, die wir ohne Probleme fanden, sofern wir uns auf die kirgisische Version des Suchens einliessen und akzeptierten, dass wir diese erst am Vorabend oder sogar am gleichen Tag suchten. Sie hatten immer gute Laune und uns sogar mit den besten Wünschen einen Segen ausgesprochen.
- Da waren die Besitzer unserer Locations, die sehr gastfreundlich und hilfsbereit waren. Als uns zu Beginn Kostüme fehlten, durften wir kurzerhand welche der Wohnungsbesitzerin ausleihen. Andere halfen uns beim Mini-Catering für die Crew. Bei unserer Hauptlocation konnte unsere Ausstattung der Familie mit den für den Film tapezierten Wänden sogar eine Freude machen.
- Da war das Wetter. Bis auf zwei Tage meinte Petrus es gut mit uns und wir konnten ohne wetterbezogene Planänderungen unseren Dreh durchführen. Und bei Laune bleiben, denn Regenwetter und Wind können so mancher Produktionsstimmung arg zusetzen.
- Da waren die Bakterien, die sich zum Glück nur wenige Opfer in unserem Team ausgesucht haben.
- Da waren die Skorpione, die uns zum Glück in Ruhe gelassen haben.
- Da war die Ziege, die sich als schauspielerisches Naturtalent herausstellte und untrainiert genau das machte, was sie tun sollte. Unser Kameramann Gabriel konnte den absoluten Money Shot einfangen. Und wir Nerven und Zeit sparen 🙂
Höchst emotional
Emotional wurde es dann bei einer der Schlüsselszenen. Nämlich, als die Frauen versuchen der Hauptfigur Sezim das Kopftuch umzubinden. Hier blieb auf dem Set fast kein Auge trocken. Das Spiel hat alle so sehr berührt, dass sie einen kurzen Moment Pause brauchten, bevor wir weiterdrehen konnten.
Die Szenen haben wir nun „im Kasten“ und auf unseren Harddrives hier in Zürich.
Im Herzen haben wir unendlich viele tolle und eindrückliche Erfahrungen gesammelt und wunderbare Menschen kennenlernen dürfen. Die kirgisische Crew hat uns mit ihrem Einsatz und ihrer Herzlichkeit bezaubert und wir werden sie sehr vermissen. Uns wird dieser Dreh noch lange in Erinnerung bleiben. Und wer weiss, womöglich wird die nächste Produktion hier in der Schweiz etwas kirgisischer sein als bisher. 🙂
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It’s a Wrap! – The Film Shoot
Two intense weeks of shooting and two months of preparations in Switzerland and in Kyrgyzstan lie behind us. In total, we have worked for three years towards this film shoot. We are still indulging in all the memories of this experience that our producer Nadine calls her most wonderful film shoot so far. Not because it was easy and smooth. But because the crew conquered this difficult task in such a superb manner and with enormous team spirit and power.
Every beginning is rough
The first week of every film shoot is characterized by finding each other and the respective production’s “groove”. In our case this meant: intercultural understanding. We got to know the Kyrgyz way of producing and the Kyrgyz were introduced to the Swiss way of producing. We had to calculate enough time for translations; had to talk about being on time and its necessity; had to explain to the actors that they really do need to know their parts by heart and may not improvise freely in order for the script to work out the way Maria had intended. We had to improvise with the costumes until the defined ones were on the set or change the costume plan shorthand according to what was on hand. All the checks between the departments we started doing twice to make sure that no important information got lost in translation, because we also learned that communication in Kyrgyzstan only works through WhatsApp groups.
Swiss-Kyrgyz Friendships
Especially the women of the Swiss crew were a bit confused at the beginning when only men were greeted with a handshake and women only got a friendly nod at the most. And for the Kyrgyz it was confusing that our chief lighting technician Fafa was heading three men and our director’s assistant Cosima was the one setting the tone on the film set. Soon that changed though. In the end everyone was hugging. Traditions, gender and heritage do not count anymore when you grow together as a team. The drivers of our crew van gave us a very special surprise when they even searched YouTube for Swiss music and came to pick us up after a long and exhausting shooting day with a Mani Matter song blaring out of the car. (To all Non-Swiss: Mani Matter is one of THE Swiss musicians that almost everyone knows and can sing along to 🙂 )
For financial reasons our crew for this production was, of course, reduced to a minimum. That meant that all crew members had to cover way more jobs than what usually is the case on bigger film sets. Only because everyone cooperated tightly as a team did this work out so smoothly. Even if the tone on the set out of stress became rougher, by the end of the day the mood was defined by tolerance and joint laughter, inspiring words and many fun pictures in the Whatsapp Chat.
Even black outs did not stop us
There were many unforeseen events as we already stated in our blog about preproduction and our last preparations. During the shooting itself this was not to be changed and on and on did we have to improvise à la Kyrgyz. For example, when the catering service was two hours late because of a black out. That did not just change the shooting schedule, also did it make our tummies speak up 🙂 . Or when the main character – against previous information – did not only not know how to ride a horse, but actually was scared of horses. In no time we had to organize a double for her. Luckily in retrospect, we can laugh about all these experiences.
Separate to all these nerve-wracking situations our director Maria treated everyone at any time with the upmost respect through her positive and calm attitude, ensuring that this was to become standard on the set.
Lost in Translation
Oh how often did that happen to us! Most Kyrgyz do not know English what kept our translators very busy and made Google translate a source of misunderstandings in many situations. We got “buckwheat porridge with soldered carrots and glazed onions” for breakfast, learned that “beer without vodka is wasted money” and named the lighting technicians on the Russian version of the scheduling “guys that are easy to get”.
Maria was a little confused when an actress would ask her after every take if it was “normal”. “Well, what is normal? No, it wasn’t really normal.” There was oh so much laughter when it turned out that “normal” in Russian means “good”, and that Maria kept answering the actress’ question about whether the take was good with a “well, not really.”
More than just normal
There was a lot that was more than just “normal” – in other words very good during the whole of the shooting time.
- That was the actors. All of them were casted very well and did their job wonderfully. Especially our main actress Alina (as Sezim). In our eyes she is a discovery and we are really happy that we found her for our film.
- That was the scenes in public places. In Kyrgyzstan there is (apparently) no need for a shooting permit. That meant less bureaucratic and financial burdens but also an insecurity about whether or not we will get disturbed and disrupted. But it worked perfectly and most passersby even enjoyed watching.
- That was the extras. We had no trouble finding and hiring extras if we did it the Kyrgyz way and searched for them only the night before or even on the same day. They were always very cheerful and even gave us their blessings with the best of wishes.
- That was the owners of the various locations. They were very hospitable and helpful. When we were missing costumes at the beginning we were able to borrow some from the house owner. Others would help us with the mini catering for the crew. And our set designer was even able to thrill the owners of our main location with the new wallpaper that we had put up for the film.
- That was the weather. Let out two days, we had perfect weather during all of the shooting time. We were able to shoot without any schedule changes due to weather. And we could stay good-humored, because shooting in rain and wind can really strain the general mood on a film set.
- That was the bad bacteria. Luckily, they picked only few victims within our team.
- That was the scorpions. They left us alone and couldn’t be bothered. 🙂
- That was the goat. It turned out to be a natural talent and – untrained – it did exactly what it was supposed to. Our camera man Gabriel was able to capture the absolute money shot. And we were able to save nerves and time. 🙂
Highly emotional
While filming one of the key scenes in the film the general mood became very emotional. That was when the women tried to tie the white veil around the main character Sezim’s head. Very few eyes stayed dry in those moments. The acting touched everyone so deeply that they needed a short break before continuing with the shoot.
The scenes are captured and on our hard drives here in Zurich.
In our hearts we have endless exciting and touching experiences. We had the chance of meeting wonderful people. The Kyrgyz crew thrilled us with their engagement and their kindness; we will miss them a lot. We will remember this shoot for a long time to come. And who knows, maybe our next production here in Switzerland will be a bit more Kyrgyz than it has been so far 🙂 .